je 150 x 200 cm, Fotografie, C-Print auf Dibond
Würstelstand. Im Würstelstand – auch genannt „Der Einfachheit halber“ – wird Wirklichkeit umgewandelt zu überzeugender unwirklicher Wirklichkeit. Und unwirkliche Wirklichkeit umgewandelt zu überzeugender, vital zur Verfügung stehender Wirklichkeit, kurz-geronnen als Bild, nur vorübergehend.
Ein Würstelstand kann als Krankenhaus, Schulhaus, Kapelle, Notaufnahme, Gefängnis und so weiter dienen oder eine Zahnarztpraxis oder ein Arbeitsamt können ein Würstelstand sein. Das wissen wir alle, wollten es aber wieder einmal sehen. Und wir wollten sehen, dass ein Würstelstand und jedes andere alles andere sein kann. Das versuche ich anzudeuten – es ganz darzustellen, es einzufrieren im Bild, gelingt mir nicht, weil es naturgemäß nicht gelingen kann und darf. Sonst wäre das Leben vorbei oder misslungen in Erstarrung, zum verkehrterweise so oft angestrebten wiederholbaren Erfolg. Wer was anderes sagt, ist größenwahnsinnig und herrschaftswild.
Ich stelle das Gefühl von einer Institution – ihrem Inhalt – als Form dar. Dazu nehme ich das Gegenteil einer Institution her: einen beliebigen Würstelstand. Der Würstelstand, auch so ein Anlaufpunkt, aber ein ungezwungener im Leben des Alltags, ist Freiwilligkeit, Ruhepunkt, Ausgleichsort in der okzidentalen Stadtwelt, der sogenannten Zivilisation, die so stolz auf sich ist, dass sie Institutionen größer baut als Würstelstände.
Manchmal „epiphaniert“ sich die Institution auch in eine ganz andere, nur vorstellbare Institution: in eine Himmelspforte voller Himmel, eine Blumenwiese voller blütenüberquellender Wiesen… – zum Beispiel.
„Der Einfachheit halber“ heißt das Projekt auch, weil der Einfachheit halber ein Würstelstand herhalten tut. „Der Einfachheit halber“ bedeutet also, dass genauso alles andere und jeder andere herhalten kann. Das ist das, was wir beim Gehen jeden Tag und jede Sekunde machen: diese äußeren Würstelstände in innere, völlig andere Bilder umwandeln, mit denen wir weitergehen können, während wir sie schon wieder umwandeln. Nichts anderes sagt auch diese Ausstellung.
Ein Würstelstand ist einfach, und so soll auch die Ausstellung sein. Ich weiß, das ist ein Tabu; wir wollen alle mehr gelten als wir sind, weil wir ein Bewusstsein haben, das einfach nicht an uns glauben kann, wie wir sind. So quälen wir uns herum und wollen richtig sein statt Würstelstand.
Statt „Wir“ und „Würstelstand“ könnte man also auch „Selbstgemachte Bilder“ sagen, „Ausgleich“ oder „Kompensation des Terrors mit Mitteln des Terrors (Würstel essen)“.
Sie sind der Würstelstand und Ihre Bilder, die nicht Ihre Bilder sind, sondern nur kurz aufscheinen und sich dann auflösend wieder abtauchen in den Sud, zum Glück. Wir essen viel zu viele Bilder. Eigentlich bräuchten wir gar keine. Deshalb ist der Würstelstand auch nicht schön oder ausgewogen oder gar ordentlich durchgearbeitet-ausformuliert. Dann würde das Bild an Ihnen hängenbleiben und Sie gingen einige Gran und einigen Gram schwerer wieder hinaus aus der Bildungssituation. Was beim Würstelstand an Ihnen hängenbleibt wiegt so viel wie ein Schmetterling, wenn er an Ihrer Badezimmerwaage vorbeifliegt. Sie haben ein paar neue Synapsen gemacht. Es hat das. Der Einfachheit halber hat dieses Es, das nichts mit dem psychologischen Es zu tun hat, statt ein Bild zu speichern oder eine Kunst, dasselbe gemacht, was ich im Würstelstand gemacht habe und die neuen Synapsen machen jetzt weiter.
Das ist die Kunst meiner Bilder, dass sie statt welche sein zu wollen, Ihren Schmetterling durch die Räume da draußen und da drinnen fliegen lassen.